Wie gefährlich ist es wirklich, wenn mein Kind sich Inhalte auf YouTube oder TikTok ansieht? Was können gruselige Szenen in angesagten Serien wie Wednesday & Co. mit jungen Menschen machen? Und wie schützen wir sie vor Bildern, die ihnen schaden können? Medienexpertin Verena Weigand von FLIMMO klärt auf und gibt Tipps.
Im Interview
Verena Weigand
von FLIMMO
Im Interview
Verena Weigand
von FLIMMO
Verena Weigand ist Vorstandsvorsitzende des Vereins Programmberatung für Eltern e.V., dem Herausgeber von FLIMMO, sowie stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung Medienpädagogik Bayern der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Auch wir bei Sailer profitieren regelmäßig von ihrer Kompetenz: Unserer Stafette-Community ist sie bestens durch das Schreiben der WIR-Seite bekannt. FLIMMO ist ein Elternratgeber für TV, Streaming, YouTube und Kino, der Eltern unterstützt, bei der Fülle an Angeboten den Überblick zu behalten und altersgerecht auszuwählen.
Im zweiten Teil des Expertinnen-Interviews erklärt Verena Weigand, welchen Einfluss YouTube, Streamingdienste und angesagte Serien wie Wednesday auf Kinder haben können – und wie Eltern sie vor Angst auslösenden Inhalten schützen.
Liebe Frau Weigand, schön, dass wir unser Gespräch fortsetzen! Lassen Sie uns direkt starten: YouTube hat längst Einzug in unsere Kinderzimmer gefunden – und treibt Eltern immer wieder Sorgenfalten auf die Stirn. Wie begründet ist diese Sorge? Ist YouTube Kids die bessere Alternative?
Diese Sorge ist durchaus berechtigt. YouTube ist bei Kindern nach wie vor sehr beliebt: Tiervideos, Musik, Tutorials oder Tipps für die Hausaufgaben, das Angebot ist riesig und bunt. Auf YouTube können Kinder aber auch jederzeit mit ungeeigneten Inhalten in Kontakt kommen: Vom Trailer für einen Horrorfilm über fragwürdige Challenges bis hin zu Gewalt oder sexualisierten Inhalten. Und: Es ist völlig unvorhersehbar, wann und in welchem Umfeld so etwas auftaucht. Auch ein an sich harmloser Suchbegriff kann zu problematischen Videos führen.
Deshalb ist die „Kinderversion“ von YouTube, also YouTube Kids, bis zum Ende des Grundschulalters sicherlich die bessere Alternative. Hier ist die Auswahl an Videos stark eingeschränkt und nach den Bedürfnissen von Kindern ausgerichtet. Es gibt weniger Werbung, die ebenfalls auf Kinder zugeschnitten ist. Eltern haben außerdem umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten, zum Beispiel nach dem Alter zu filtern oder die Suche zu deaktivieren.
Einen hundertprozentigen Schutz vor ungeeigneten Inhalten gibt es aber auch hier nicht. Eltern sollten gerade bei kleinen Kindern möglichst in der Nähe bleiben und mitbekommen, was sie sich ansehen.
Streaming und Kinder: Die Serie Wednesday ist aktuell in aller Munde und zieht immer wieder auch junge Grundschüler:innen in ihren Bann. Mit dem Blick durch die Expertinnenbrille: Was machen solche Inhalte mit Kindern?
Sie machen Kinder zuallererst neugierig. Der Wednesday-Tanz auf TikTok, kurze Clips im Netz oder Wednesday-Kostüme an Fasching: Um die Serie ist ein regelrechter Hype entstanden, der über unterschiedliche Wege auch bei Kindern und auf den Pausenhöfen ankommt. Es gibt darüber hinaus einiges, was Kinder an der Serie faszinieren kann: Das düstere Internat-Setting, Themen wie Freundschaft und erste Liebe, magische und übersinnliche Elemente, aber auch eine starke, ungewöhnliche Heldin. All das macht neugierig und weckt den Wunsch, die ganze Geschichte um Wednesday zu sehen. Und ab dann wird es schwierig, denn die Serie ist nicht für Kinder geeignet. Zahlreiche Horrormomente, ein blutrünstiges Monster oder die Darstellung von Morden und Leichenteilen können Kinder ängstigen und nachhaltig verstören. Deswegen wird Wednesday bei FLIMMO auch mit Rot bewertet. Warum Eltern bei Medientrends besonders die Augen offenhalten sollten und wie sie am besten damit umgehen, hat FLIMMO übrigens hier nochmals zusammengefasst.
Schon wieder Diskussionen, weil “alle Freunde Wednesday schauen dürfen”: Welche Argumente können Eltern ihren Kindern (und anderen Eltern) gegenüber anbringen, wenn ein Gespräch wie dieses ansteht?
Kinder wollen dazugehören und mitreden können. Diese Diskussionen sind für Eltern nie leicht.
Doch nur weil alle anderen etwas dürfen, heißt es noch lange nicht, dass man auch jeden Trend mitmachen muss.
Gerade im Grundschulalter sollten Eltern bei einer Serie wie Wednesday daher klare Grenzen ziehen. Hier kann es helfen, den Kindern zu erklären, warum diese Serie noch nicht für sie geeignet ist und was sie überfordern kann. Also ein grausames Monster, Morde und Schockmomente – das alles kann Kindern ziemlich Angst machen. Sicherlich hängt das auch von Alter und Persönlichkeit des Kindes ab, aber gerade bei jüngeren sollten Eltern lieber vorsichtig sein. Vielleicht werfen Eltern auch selbst einen Blick in die Serie und machen sich ein Bild? Dann können sie auch Kindern und anderen Eltern gegenüber besser argumentieren. Und wenn die Diskussionen gar nicht mehr abbrechen wollen, kann man vielleicht auch zusammen einige Ausschnitte ansehen, die unproblematisch sind.
Vielen Dank, Frau Weigand!