Sie fragen sich, was Sie Ihrem Kind auf die Frage antworten sollen, ob es den Weihnachtsmann wirklich gibt? Das hängt ganz vom Kind ab, sagen Imke Dohmen und Judith Möhlenhof von Mamsterrad. Über Antwortmöglichkeiten, die Ihrem Nachwuchs in jedem Alter wirklich guttun, lesen Sie im Experteninterview.
Im Interview
Imke Dohmen &
Judith Möhlenhof
Im Interview
Imke Dohmen &
Judith Möhlenhof
„Wir sagen einander immer die Wahrheit“, ist einer der zentralen Werte in den meisten Familien. Die Frage ist nur: Wie beantwortet man dann die Frage, ob es das Christkind oder den Weihnachtsmann wirklich gibt? Die Wahrheit sagen? Oder doch bei der Geschichte bleiben? Beides hat seine Berechtigung, sagen Imke Dohmen und Judith Möhlenhof von Mamsterrad. Gemeinsam mit den Expertinnen gehen wir der Frage nach, wie lange Kinder an Nikolaus, Christkind oder den Weihnachtsmann glauben. Und welche Antworten Sie ihnen im Zweifel geben können.
Wie lange glauben Kinder an den Weihnachtsmann?
Die Antwort auf diese Frage ist tatsächlich so individuell wie jedes Kind: Manche haben im zarten Alter von 4 schon leise Zweifel, während andere mit 10 Jahren immer noch daran glauben, dass das Christkind die Geschenke bringt – oder es zumindest glauben wollen. Denn Fakt ist: Alle Kinder, die noch von der Geschichte überzeugt sind, wollen sie auch weiterhören. Sie sind kognitiv noch nicht so weit und das ist vollkommen in Ordnung.
Wenn sie hingegen nicht mehr daran glauben, dann sollten Eltern nicht traurig sein. Im Gegenteil! Die Wahrheit zum richtigen Zeitpunkt ist kein Verlust, sondern eine Bereicherung für ein Kind. Es realisiert dadurch, dass es „groß“ ist. Das macht stolz und stark, es ist ein Grund zur Freude.
Und wenn die Älteren den kleinen Geschwistern erzählen, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt?
Darüber müssen Sie sich ziemlich sicher keine Sorgen machen. Denn „endlich die Wahrheit herausgefunden zu haben“ und diese Wahrheit mit den Großen zu teilen, macht ältere Kinder zu Verbündeten.
Und sollte es doch einmal herausrutschen, dann ist es auch nicht schlimm. Weil jüngere Geschwister in ihrer Entwicklung an einer anderen Stelle stehen und diese Botschaft gar nicht zu ihnen durchdringt. Sie werden es vermutlich nicht glauben und den Gedanken schnell beiseiteschieben.
Ist es eine Lüge, aufkommende Zweifel über die Existenz des Weihnachtsmanns zu zerstreuen?
Die kurze Antwort ist: nein. Die Längere möchte ich, Judith, gern in Form einer kleinen Anekdote wiedergeben. Als mein Sohn mich fragte, ob es den Weihnachtsmann denn nun gibt oder nicht, antwortete ich ihm mit einer Gegenfrage. „Woran möchtest Du denn glauben? Möchtest Du die Wahrheit hören, oder möchtest Du die Geschichte?“
Ab dem Zeitpunkt war es vollkommen in Ordnung für ihn, seine Geschenke nicht vom Weihnachtsmann zu bekommen. Sondern von Menschen, die ihn lieben.
Er überlegte kurz und sagte dann: „Mama, ich möchte lieber die Wahrheit.“ Auf meine Antwort, dass er recht hätte und es den Weihnachtsmann tatsächlich nicht gibt, grinste er und meinte: „Gut. Wir können ja trotzdem weiter die Geschichte erzählen.“ Ab dem Zeitpunkt war es vollkommen in Ordnung für ihn, seine Geschenke nicht vom Weihnachtsmann zu bekommen. Sondern von Menschen, die ihn lieben.
Was ist, wenn ein Kind Angst vor dem Weihnachtsmann hat?
Dann sind die Eltern aufgefordert, herauszufinden, woher diese Angst kommt. Hat jemand dem Kind erzählt, dass es nur dann Geschenke bekommt, wenn es brav war? Oder dass das Christkind alles sieht und hört? Die Vermischung von Erziehung und Weihnachtsmann oder Christkind ist auf jeden Fall veraltet. Es geht an Weihnachten um eine Geschichte voller Wunder, um blanke Vorfreude. Und nicht um eine Erziehungshilfe.
Ihr sprecht oft vom magischen Denken, das man Kindern nicht nehmen soll. Warum genau ist es so wichtig?
In aller Regel beginnt magische Phase im Alter von zwei bis drei Jahren und endet kurz vor Schulbeginn mit fünf oder sechs Jahren. Sie beschreibt einen Abschnitt der kognitiven Entwicklung, in der Kinder ganz natürlich an Zauberer, Schnullerfee oder eben den Weihnachtsmann glauben. Wichtig ist, ihnen den Glauben an Magie nicht zu nehmen, solange sie sich auf dieser Entwicklungsstufe befinden. Sie legen ihn automatisch ab, wenn er ihnen nicht mehr dienlich ist. Die Zeit des magischen Denkens ist übrigens auch der Grund, weshalb Kinder so wunderbar tief in Geschichten eintauchen können.
Stichwort Geschichten: Weihnachten und lesen, wie passt das zusammen?
Ach, das ist eine tolle Verbindung: Geschichten beflügeln die Fantasie und Weihnachten ist die Zeit der Geschichten schlechthin. Zudem ist Lesen eine besondere Qualität des Miteinanders: Gemeinsam eine Fantasie im Kopf zu entwickeln, darüber zu sprechen und sie weiterzuspinnen, verbindet auf eine einzigartige Weise.
Das geht viel tiefer als beispielsweise bei einem Weihnachtsfilm, den man sich zusammen ansieht. Jeden Tag gemeinsam zu lesen, gerade auch in der Adventszeit, bringt Groß und Klein den Weihnachtsgedanken näher. Eine bessere Einstimmung auf das Fest gibt es doch eigentlich gar nicht, oder?